Unsere Kraft-Wärme-Maschine

Es war einmal im Jahre 2021 …
… da wurde es plötzlich kalt. 
 
 
Heizungsstörung!
 
Der Fachbetrieb sagte er würde jemanden schicken – in sieben Tagen. 
Warum sieben Tage? Das Rätsel sollte sich aber auflösen.
Nun gut – es war noch nicht richtig Winter. 
Aber für die warme Wäsche oder das Warmbad mussten Herd und Kochtopf bemüht werden.
Der Techniker kam, ein Rentner, der noch einmal die Woche in Sachen Heizungsservice aktiviert wird. Deshalb die eine Woche warten.
Die Heizung lief nun wieder, aber jünger wurde sie nicht.
Ihr 30ter Geburtstag stand vor der Tür.
Die Gedankenspiele in Richtung Modernisierung liefen an. Was ist zeitgemäß?
Zur Pelletheizung hatte sich das Umweltbundesamt gerade, nicht wirklich positiv, geäußert. Öl war auch keine Option. Und konnte die Alternative eine neue Gasheizung sein?
Nach einiger Überlegung stand fest, eine Wärmepumpe, ein Sole-/Wasser-System soll her.
 
Nun folgte gleich das erste, größere Problem:
Finde den Handwerker, einen Heizungsbauer der
  a) weiß was eine Wärmepumpe ist   und
  b) willens und fähig ist so etwas zu installieren.    
Diese Suche dauerte nun etwas länger.
 
Zwischenzeitlich hatte ein russischer Präsident, der sich selbst für den Zaren hält, Deutschland den Gashahn zugedreht und anschließend einen Angriffskrieg vom Zaun gebrochen.      👎
Hätte der doch uns Deutsche gefragt. Wir, zumindest unsere Großeltern, haben einen gewissen Erfahrungsschatz in Sachen Angriffskriege. Wir hätten ihm wohl abgeraten.
Aber das ist eine andere Geschichte.
Unserem Heizungsprojekt war das jedoch nicht zuträglich.
 
Immerhin hatten wir inzwischen einen Heizungsbauer gefunden. Der war allerdings von der Sole-/Wasser-Technologie nicht zu überzeugen. „Kann ich nicht – mach’ ich nicht“. Außerdem stellte er die berechtigte Frage, wann sich das denn amortisieren solle. Valider Einwand. Wir einigten uns dann doch auf eine Luft-/Wasser-Version.
Das war im März 2022.
 
Nun folgte gleich das nächste Problem: Die Lieferzeiten.
Zum Nikolaus war’s dann soweit. Es klingelte frühmorgens an der Tür, und auf einem LKW stand da unsere niegelnagelneue Heizung. Nach weiteren vier Monaten, war es dann soweit. Showdown!
Alte Heizung raus und an den folgenden zwei Tagen Einbau der neuen Anlage. 
Wenn man gute Handwerker hat, die am Ende vor ihrem Werk stehen und sagen „sieht das nicht geil aus?“ macht das ein gutes Gefühl.
Wir hatten diese guten Handwerker.
 
 
Seitdem pumpen wir die Wärme. Anfang Mai, zum Ende der Heizperiode, werden wir 4.000 kWh "verheizt" haben. Und das mit einem nicht perfekt isoliertem Haus. Die meisten Fester stammen noch aus dem Jahr 1993.
Die alte Gasheizung lag bei 17-18.000 kWh pro Jahr.
 
 
Dank einiger Politiker und freundlicher Unterstützung der Bild-Zeitung sind Wärmepumpenheizungen in der öffentlichen Diskussion mittlerweise BÄH!    🤮

Deshalb hier ein kleiner Beitrag zur Aufklärung.
1. Wie funktioniert so ein Ding eigentlich?
 
Das „Kältemittel“ in einer Wärmepumpe durchläuft prinzipiell vier Phasen.
Es wird komprimiert (wobei Wärme erzeugt wird), verflüssigt und Wärme wird für die Heizung abgeleitet. Im nächsten Schritt, am Expansionsventil, wird Druck abgebaut und danach, im Verdampfer, wird wieder Energie (aus der Umgebung) aufgenommen.

Um es zu veranschaulichen: Wir pumpen wie doof den Hinterradreifen unseres Fahrrades auf (wir haben eine Verabredung), und die Pumpe wird dabei richtig heiß. Wollten wir gar nicht. Abfallprodukt eben. Wenn man diese Wärme nun kontrolliert ableitet könnten wir damit vielleicht heizen. Der Super-Zaubertrick war das bis hierhin noch nicht. Wenn wir aber im Freibad liegen und der Wind über unsere nasse Haut streicht, wird’s kalt. Das Wasser braucht zum Verdunsten Energie und greift die an unserem Körper ab. Ohne zu fragen, quasi Diebstahl. Und das ist das was hinter dem Expansionsventil der Wärmepumpe passiert. Hier wird mit Trick17 der Umwelt Energie geklaut – zu unserem Vorteil.

Man unterscheidet drei Typen von Wärmepumpen in Abhängigkeit von der Wärmequelle.
Bei der Sole-/Wasser-Variante werden auf dem Grundstück „Kollektoren“, horizontal verlegte Leitungsschlangen, in geringer Tiefe vergraben. Diese Technik lebte bereits in den 1970er Jahren unter dem Namen „Erdwärme“ auf, verschwand aber wieder da das Verheizen von fossilen Brennstoffen billiger war. Bei einer weiteren Sole-/Wasser-Version werden so genannte Erdsonden, Leitungen durch die eine Flüssigkeit (Sole) fließt, in 80 bis 100 Meter tiefen Bohrungen in den Erdboden eingelassen.
Die Herstellung der Bohrungen können die Kosten der eigentlichen Anlage deutlich übersteigen und machen diese Variante dadurch zur teuersten der drei Möglichkeiten.

Die Wasser-/Wasser-Variante funktioniert auch mit Bohrungen. Hier gewinnt man die Energie aus dem Grundwasser.

Die Luft-/Wasser-Variante trifft man am Häufigsten an und man erkennt sie gut am Außengerät. Dieses stellt die eigentliche Wärmepumpe dar und gewinnt die Energie aus der Umgebungsluft. Da die Luft, anders als bei Erdwärme oder Grundwasser, starken Temperaturschwankungen unterliegt, variiert hier der Wirkungsgrad recht stark.
Diesen nennt man bei Wärmepumpen Leistungszahl (Coefficient Of Performance - COP). Er beschreibt das Verhältnis der eingesetzten, elektrischen Energie zur gewonnenen Wärmeenergie. Er kann in der warmen Jahreszeit bei 5 und im Winter schon mal unter 3 liegen. Um die Leistungen der Systeme vergleichen zu können gibt es deshalb die so genannt Jahresarbeitszahl (JAZ), bei der eben ein ganzes Betriebsjahr betrachtet wird. Unsere Anlage hat beispielsweise eine JAZ von 3,1.     
Moderne Anlagen funktionieren übrigens, ohne elektrisches Zuheizen, bis ca. -20°C Außentemperatur.
2. Geschichtsstunde
 
Sind Wärmepumpen modernes, unausgereiftes Technikspielzeug?  Nein. 
Der amerikanische Erfinder Jacob Perkins baute 1834, vor 190 Jahren, eine Maschine nach dem Prinzip der Wärmepumpe. Sie kam als Kühlaggregat auf Schiffen zum Einsatz. Nun kann man einen Kühlschrank auch zum Heizen benutzen indem man die (Rück-)Seite mit der Abwärme verwendet. 
Auf diese Idee kam auch William Thomson, auch bekannt als Lord Kelvin, Mitte des 19. Jahrhunderts. Aber erst in den 1930er Jahren war es dann soweit. 
Und 2002 hat man die Wärmepumpenheizung, die das Züricher Rathaus beheizte, durch eine neue ersetzt. Nach 60 Betriebsjahren.
Wer an der dänischen Nordseeküste unterwegs ist, sollte mal in Hvide Sande stoppen. Die haben da eine beeindruckende Großanlage mit der sie einen ganzen Stadtteil mit Nahwärme versorgen.
3. Wärmepumpen benötigen Photovoltaik-Anlagen!
 
Falsch!
Ja, so eine Anlage läuft in der Regel mit elektrischem Strom. Aber der muss nicht selbst produziert werden. Und da man, ähnlich wie bei Wallboxen für E-Autos, dann einen Grünstrom-Tarif hat, ist das Ganze auch ohne eigene Stromproduktion ökologisch sinnvoll.  
4. Wärmepumpen funktionieren nur mit Fußbodenheizungen!
 
Auch falsch.
Natürlich ist eine Fußbodenheizung eine super Heizungsvariante mit der man, unabhängig von der Wärmequelle, effizientes Heizen im Niedertemperaturmodus realisieren kann.
Eine moderne Wärmepumpenheizung kann aber auch Vorlauftemperaturen von 50°C liefern, was einen Betrieb mit gängigen Heizkörpern ermöglicht.
Wir fahren in unserer Hütte einen ganz verwegenen Heizmodus, mit einer Fußbodenheizung im Erdgeschoss und Heizkörpern im Dachgeschoss. In einem Kreis. Das hat zur Folge, dass bei 0°C draußen nur 38° lauwarme Suppe durch die Heizkörper blubbert. Dennoch funktioniert das. Aber es ist Kopfsache. Wenn das Thermostatventil schon auf Fünf steht, geht nicht mehr. Obwohl der Raum warm genug ist will der Kopf gerne noch die Stufen 6-7-8 auf dem Thermostaten haben (was dann auch nichts brächte). Wie gesagt, Kopfsache. Man kommt mit der Zeit darüber weg.
5. Neue Technik, geänderte Abläufe
 
Wie oben schon angerissen. Ventil aufreißen uns schon brennt die Luft – gibt’s nicht mehr.
Eine Niedertemperaturheizung läuft stetig, auch sie macht ihren Job gut, aber spontan kann sie nicht sein. Das heißt z.B.: Lüften ist wichtig, aber nicht stundenlang. Sind die Räume erstmal ausgekühlt müssen sie wieder aufgeheizt werden. Was wir früher mit Gewalt, mit Energie und Geldeinsatz hinbekommen hatten, braucht nun Zeit.
In der Ruhe liegt die Kraft.
6. Interessante Effekte
 
Außentemperatur 2,5°C, 90% Luftfeuchte.
Das Außengerät ist zugefroren, ein Eisblock. Und es strömt keine Luft mehr hindurch. Panik!
Alsdann sich die Geräuschkulisse etwas ändert. Die grünen Kühlrippen des Verdampfers kommen langsam wieder zum Vorschein und das ganze Szenario endet mit einer kleinen Wasserdampfwolke. Danach geht’s wieder normal weiter.
Was war passiert? Klar, wenn man der kalten Luft noch Energie entzieht, wird’s noch kälter. Und das Wasser in der Luft friert an den Kühlrippen der Anlage fest.
Diese wiederum nimmt diesen misslichen Umstand zur Kenntnis und legt mal kurz den Rückwärtsgang ein. Das heißt, sie geht kurz in den Kühlbetrieb (aus Sicht des Hauses) und taut so den Kasten ab. Danach geht’s normal weiter. 
7. Neue Möglichkeiten
 
Gerade erwähnt haben wir den "Rückwärtsgang". Wenngleich eine Wärmepumpenheizung eben eine Heizung ist, können einige dieser Anlagen auch zum Kühlen genutzt werden. Das funktioniert nicht wie bei einer Klimaanlage, wo einem die eiskalte Luft um den Hals kriecht. Aber man kann, ganz piano, kühles Wasser durch die Heizschlangen des Hauses laufen lassen was an über-30°-Tagen spürbare Erholungseffekte bringt. 
8. Anschaffungskosten und Förderung
 
Man sagte: „pro KW Leistung 1000€“. Das traf auch auf unsere Heizung zu. 12.000€ für eine, leicht überdimensionierte Anlage. Auch wollen die Handwerker bezahlt werden. In unserem Falle ein Elektriker, der bei der Gelegenheit die gesamte Unterverteilung modernisiert hat, und der Heizungsbauer. Beide zusammen nochmal 15.000€. Kein Pappenstiel, aber immerhin hat die BAFA 35% beigesteuert.
Dies beschreibt allerdings die Situation der letzten Jahre. Inzwischen haben sich Preise verändert und es gibt eine neue Förderkulisse mit Förderungen von bis zu 70%, abhängig von der Einkommenssituation. Die Zuschüsse werden inzwischen von der KfW vergeben.
Interessierte können sich u.a. auf den Seiten der Kreditanstalt für Wiederaufbau, im Bereich „Heizungsförderung für Privatpersonen“, informieren.

Resümee
 
Jedes Haus ist anders, jede persönliche Situation auch. Sicher ergibt es auch wenig Sinn, eine junge Brennwertheizung durch etwas anderes ersetzen zu wollen. Wer sich aber mit dem Gedanken trägt seine Heizung zu erneuern, sollte einige Zeit in die Recherche investieren.

Ich habe es mir indes abgewöhnt andere Leute in irgendeiner Weise überzeugen zu wollen.
Spätestens wenn ich höre: „Ja aber …“ , „ … geht schnell kaputt“, „ … hast du dein Dach schon mit PV vollgepflastert?“ oder „… geht nur in Kombination mit einem Irgendwasverbrenner“ stimme ich den Leuten einfach zu. 
Ist halt Teufelszeug     👹
 
 

 

This article was updated on 2024-04-19 / 13:24:55

ZiggyK